Vor 80 Jahren: Der Sozialdemokrat Fritz Braß stirbt im Konzentrationslager Mauthausen

Der ehemalige Kemna-Häftling ließ sich nie brechen.

"Ihr Bruder Friedrich Brass wurde, als  er sich krank meldete, unter Aufnahme in den Krankenbau in ärztliche Behandlung genommen. Es wurde ihm die bestmöglichste medikamentöse und pflegerische Behandlung zuteil. Trotz aller angewandten ärztlichen Bemühungen gelang es nicht, der Krankheit Herr zu werden. Ihr Bruder starb, ohne letzte Wünsche geäußert zu haben. Ich spreche Ihnen zu diesem Verlust mein Beileid aus."

Diesen Brief erhielt Klara Brass mit der SS-Feldpost, abgestempelt am 7. Dezember 1944. Sie wohnte in der Schusterstraße 21 in der Elberfelder Nordstadt, wo sie über viele Jahre gemeinsam mit ihrem Bruder Fritz einen Haushalt geteilt hatte.

Fritz Brass war Malermeister und überzeugter Sozialdemokrat. Im Oktober 1933 hatte er ein Spottgedicht auf Adolf Hitler verfasst und als Plakat auf Mauern geklebt. Jugendliche sahen ihn dabei und denunzierten ihn bei der Polizei. Nach kurzer Haft im Polizeigfängnis wurde er am 27. Oktober 1933 in das berüchtigte Konzentrationslager Kemna verbracht. Hier erlitt er die dort üblichen Schikanen und schweren Misshandlungen, aber auch den Stumpfsinn und die Langeweile des Wuppertaler Lagers direkt an der Wupper, das als Provisorium im Zusammenhang mit dem Aufbau des KZ-Systems gedacht war. Am 12. Januar 1934 wieder entlassen, reifte in ihm der Entschluss, seine Erfahrungen aufzuschreiben. Am 11. August 1945 begann Fritz Brass, seine Erinnerungen an die Verhältnisse im Lager, die Insassen und die Täter in ein schlichtes, 64-seitiges Schulheft niederzuschreiben. Damit hinterließ er der Nachwelt das erste Dokument über das frühe Konzentratiosnalger Kemna. Brass ließ sich auch nach seiner Entlassung aus der Kemna in seiner politischen Haltung nie brechen. "Weder Drohung noch Lockung werden ich je mit dem neuen Geist versöhnen", schrieb er in seinem Bericht. Vor 80 Jahren, am 20. November 1944, kam Fritz Brass in dem berüchtigten Todeslager Mauthausen um.

Sein "Kemna Bericht" ist 2023 in einer zweiten Auflage korrigiert und mit aktuellen Forschungsergebnissen ergänzt neu vom Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal und dem Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal herausgegeben worden. Das Original des Berichts befindet sich in der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal.

 

Friedrich Brass: Kemna-Bericht 1933/34

Nach einer handschriftlichen Fassung des Autors aus dem Jahr 1934, kommentiert und mit Anmerkungen versehen von David Magnus Mintert, hg. vom Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal e.V. und dem Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal, ISBN 978-3-9400199-22-5, beauftragt und finanziert durch den Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal

 

 

 

Letzte Seite des handschriftlichen Berichts von Fritz Braß (Begegnungsstätte Alte Synagoge)