Das soziale Erbe jüdischer Wohlfahrt in der Region. Orte jüdischer Fürsorge und ihre Akteur:innen
Call for Papers
Tagung im Rahmen des DFG-Projekts „Soziale Verantwortung im Judentum in Deutschland. Traditionen und Orte als Jewish Heritage?“ (SPP 2357 „Jüdisches Kulturerbe“), Wuppertal, 9. bis 10. September 2025
Jüdische Wohlfahrt in Deutschland hat Tradition. Lange bevor der erste Dachverband, die Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden (ZWST), 1917 in Berlin gegründet wurde, hatten jüdische Gemeinden Armen- und Krankenfürsorge gebündelt. Eine Ausdifferenzierung jüdischer Wohlfahrtspflege vollzog sich seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Gründung zunehmend zielgruppenspezifisch ausgerichteter Wohlfahrtsvereine und sozialer Einrichtungen. Diese Neuorganisation jüdischer Fürsorge war spätestens um 1900 abgeschlossen; nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie durch in Sozialarbeit und Pflegeberufen ausgebildete Jüdinnen und Juden sowie immer öfter in regionalen und überregionalen Verbänden professionalisiert.
Dieses soziale, institutionalisierte und einst in ganz Deutschland lokalisierbare Erbe ‚praktischen Judentums‘ liegt bislang allenfalls im äußeren Blickwinkel der fächerübergreifenden Forschung zur deutsch-jüdischen Geschichte. Wesentliche Vorarbeiten auf dem Feld der jüdischen Wohlfahrt liegen vor, doch ist dieses noch nicht systematisch erschlossen. Arbeiten zu Akteur:innen und zu ihren Wirkungsorten, oftmals nach deren Zwangsschließung durch den NS in Vergessenheit geraten, fehlen für lokale und regionale Kontexte ebenso wie Beiträge zur epochenübergreifenden Erforschung des Feldes, und auch in der Diskussion um bauliches und immaterielleres Kulturerbe bildet das Soziale im Judentum weithin einen blinden Fleck.
Hier setzt die Tagung an. Im Rahmen einer Kooperation der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal und des Salomon Ludwig Steinheim-Instituts für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen (Projekt „Soziale Verantwortung im Judentum in Deutschland: Traditionen und Orte als Jewish Heritage?“ im DFG-Schwerpunktprogramm 2357 „Jüdisches Kulturerbe“) fragt sie nach der Entwicklung jüdischer Wohlfahrtspflege in der Region. Exemplarisch wird das Bergische Land an der Schnittstelle zwischen Rheinland und Westfalen mit der seit Beginn des 19. Jahrhunderts stark angewachsenen jüdischen Gemeinde in Elberfeld (1929 mit Barmen in der heutigen Stadt Wuppertal aufgegangen) in den Blick genommen. Hier entwickelten Gemeindemitglieder und Vereine die lokale Fürsorge in Reaktion auf innerjüdische Veränderungen und auf Herausforderungen der Umgebungsgesellschaft, in die sie wirtschaftlich und auch sozial eingebunden waren, stetig weiter. Zugleich trugen Jüdinnen und Juden aus der Doppelstadt auch zu einer überregional aktiven Wohlfahrtsinfrastruktur bei. Heute fast vergessene Einrichtungen wie die Elberfelder Zentralstelle für jüdische Adoptionsvermittlung und Pflegestellenwesen waren Bestandteil damaliger deutschlandweit organisierter jüdischer Wohlfahrtspflege; mit weiteren Einrichtungen und deren Trägervereinen waren weite Teile des heutigen Nordrhein-Westfalen eingebunden in ein über Generationen erarbeitetes soziales Geflecht. Die dahinterstehende soziale Arbeit trug nicht zuletzt dazu bei, jüdische Kultur und Identität bis weit in die Zeit des Nationalsozialismus zu schützen, zu stärken und bis in die Gegenwart zu bewahren.
Wir erhoffen uns Vortragsangebote aus interdisziplinärer Forschung zur deutsch-jüdischen Geschichte, die sehr gerne einzelne soziale Einrichtungen, Vereine oder Personenkreise in den Fokus stellen können. Willkommen sind uns auch Beiträge, welche die Tradition jüdischer Wohlfahrt in aktuellen Debatten verorten oder als Teil jüdischen Kulturerbes zur Diskussion stellen. Kontrastierende Beiträge zur jüdischen Wohlfahrt in anderen regionalen Zusammenhängen sind ebenso erwünscht. Ausdrücklich ermutigen wir Nachwuchswissenschaftler:innen zu Beiträgen wie zur Teilnahme.
Bitte senden Sie Ihre Vortragsangebote mit Beitragstitel, Zusammenfassung (max. 300 Wörter) und Kurzbiografie bis zum 15. Mai 2025 an stoffel@steinheim-institut.org. Den Referentinnen und Referenten stehen 20 Minuten Redezeit zur Verfügung. Kosten für Reise und Unterkunft werden übernommen. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist angestrebt.
Veranstalter: Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen (DFG-Schwerpunktprogramm 2357 „Jüdisches Kulturerbe“: „Soziale Verantwortung im Judentum in Deutschland Traditionen und Orte als Jewish Heritage?“) / Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal
Zeitraum: 9. bis 10. September 2025
Veranstaltungsort: Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Genügsamkeitstraße, 42105 Wuppertal
Bewerbungsfrist: 15. Mai 2025
